Seit Jahrtausenden hat die Menschheit sich mit der grundlegenden Frage beschäftigt: Was definiert das Gute, und was das Böse? In verschiedenen Kulturen und Philosophien finden wir zahlreiche Antworten auf diese Frage, doch eine der frühesten und einflussreichsten philosophischen Betrachtungen über das Zusammenspiel von Gut und Böse stammt aus der Lehre des Zarathustra, auch bekannt als Zoroaster.
Zarathustra, der antike persische Prophet des 6. Jahrhunderts v. Chr., präsentierte eine dualistische Kosmologie, in der die Welt ein ständiges Schlachtfeld zwischen Gut und Böse ist. Diese Vorstellung, oft als der “Zarathustra-Kampf” bezeichnet, bildet das Herzstück der Zoroastrischen Religion und hat auch auf andere Glaubenssysteme und philosophische Strömungen einen erheblichen Einfluss ausgeübt.
Im Zarathustra-Kampf wird die Existenz als ein ewiger Konflikt zwischen Ahura Mazda, dem Gott des Guten, und Angra Mainyu (auch bekannt als Ahriman), dem Prinzip des Bösen, dargestellt. Ahura Mazda verkörpert das Licht, die Wahrheit und die Ordnung, während Angra Mainyu Dunkelheit, Lügen und Chaos repräsentiert. Diese beiden Mächte stehen sich in einem unerbittlichen Kampf gegenüber, der das Schicksal der Welt und ihrer Bewohner beeinflusst.
Eine zentrale Lehre des Zarathustra-Kampfes ist die Idee, dass der Mensch eine aktive Rolle in diesem Konflikt spielt. Jeder Einzelne wird vor die Wahl gestellt, sich für das Gute oder das Böse zu entscheiden. Dieser freie Wille macht den Menschen zu einem entscheidenden Akteur im kosmischen Drama und trägt zur persönlichen Verantwortung für seine Handlungen bei.
Die Vorstellung des Zarathustra-Kampfes hat sich über die Jahrhunderte hinweg in verschiedenen Formen manifestiert. In der Religion des antiken Persiens fand sie ihren Ausdruck in Ritualen und Gebeten, die darauf abzielten, das Gute zu fördern und das Böse zu bekämpfen. Im Laufe der Zeit haben sich diese Ideen in andere religiöse Traditionen ausgebreitet und beeinflusst, darunter das Judentum, das Christentum und den Islam.
Türme des Schweigens
Die “Türme des Schweigens”, auch bekannt als “Dakhma” oder “Dokhma”, sind monumentale Strukturen, die mit einer der faszinierendsten religiösen Praktiken der Weltgeschichte verbunden sind: der Zoroastrischen Bestattungstradition. Diese alten Türme haben nicht nur eine architektonische Bedeutung, sondern stehen auch symbolisch für die spirituelle Überzeugung und die kulturelle Identität einer der ältesten monotheistischen Religionen der Welt.
Die zoroastrische Religion, die auf den Lehren des antiken persischen Propheten Zarathustra beruht, betont die Reinheit und die Dualität von Gut und Böse. Die Bestattungspraktiken dieser Religion spiegeln diese Glaubensüberzeugungen wider und sind ein bedeutendes Merkmal ihrer Kultur.
Die Türme des Schweigens wurden als Orte konzipiert, um den Körpern Verstorbener eine würdevolle Bestattung zu ermöglichen, während sie gleichzeitig den Glauben an die Reinheit und Unberührtheit der Natur respektieren. Die zoroastrische Tradition lehrt, dass der Körper nach dem Tod verunreinigt ist und nicht die Reinheit des Bodens oder des Wassers verunreinigen darf. Aus diesem Grund wurden die Verstorbenen auf erhöhten Plattformen in den Türmen platziert, wo sie den Elementen ausgesetzt waren und von Geiern und anderen Aasfressern verzehrt wurden. Dieser Prozess, der als “Sag-Dīd” oder “Luftbestattung” bekannt ist, wurde als Akt der Reinigung angesehen, der es der Seele ermöglichte, in die spirituelle Welt überzugehen.
Die Türme selbst sind oft massive Strukturen, die auf Hügeln oder Bergen errichtet wurden, um sie vor den Blicken der Lebenden zu verbergen und eine Verunreinigung der Umgebung zu vermeiden. Sie bestehen aus Stein oder Ziegeln und verfügen über offene Strukturen, die den Zugang für die aasfressenden Vögel ermöglichen. Diese architektonischen Meisterwerke sind nicht nur ein Zeugnis für die technische Fähigkeit und den Glauben der alten Zoroastrier, sondern auch ein Symbol für die Transzendenz des Todes und den Übergang in die spirituelle Welt.
Obwohl die Praxis der Luftbestattung in vielen Teilen der Welt nicht mehr praktiziert wird, haben die Türme des Schweigens eine tiefe kulturelle Bedeutung und bleiben ein faszinierendes Relikt aus einer vergangenen Zeit. Sie erinnern uns daran, dass die Art und Weise, wie eine Gesellschaft mit dem Tod umgeht, nicht nur eine Frage der pragmatischen Notwendigkeit ist, sondern auch ein Ausdruck ihrer religiösen Überzeugungen und kulturellen Werte. Die Türme des Schweigens stehen als stille Zeugen einer alten Tradition, die auch heute noch unser Verständnis vom Leben und Tod herausfordert und bereichert.
Auch in der Philosophie und Literatur hat der Zarathustra-Kampf seine Spuren hinterlassen. Friedrich Nietzsches berühmtes Werk "Also sprach Zarathustra" nimmt direkten Bezug auf den antiken Propheten und erkundet die Themen von Moral, Wahrheit und Selbsterkenntnis. In der Welt der Literatur und Popkultur finden sich zahlreiche Beispiele für Geschichten, die den Konflikt zwischen Gut und Böse aufgreifen und weiterentwickeln.
Trotz der Vielfalt der Interpretationen bleibt der Zarathustra-Kampf eine faszinierende und zeitlose Reflexion über die Natur der menschlichen Existenz. Er erinnert uns daran, dass das Streben nach dem Guten ein fortwährender Kampf ist, der ständige Aufmerksamkeit und Anstrengung erfordert. Indem wir uns dieser Herausforderung stellen und unser Bestes tun, um das Licht über die Dunkelheit zu erheben, können wir einen positiven Beitrag zur Welt leisten und unsere eigene spirituelle Reise vorantreiben.
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